Tag und Nacht einsatzbereit, um Menschenleben zu retten
Es ist längst kein Geheimnis mehr – der Hund gilt als der beste Freund des Menschen. Die Vierbeiner sind intelligent, stehen treu zur Seite und machen das Leben einfach besser. Und in manchen Fällen sorgen die Fellnasen sogar dafür, dass das Leben ihrer Besitzer eine ganz andere Wendung nimmt. So war es zum Beispiel bei Christine Schuster. Durch ihre mittlerweile verstorbene Dalmatiner-Hündin Maja ist die 59-Jährige im Jahr 2010 zur Rettungshundestaffel des BRK gekommen. Ein Ehrenamt, das sie und ihre vierbeinigen Begleiter seitdem mit Herz und Seele leben und ausüben.
Von Eva Rothmeier
Riedenburg. Mittwochabend auf dem Trainingsgelände der Rettungshundestaffel Kelheim im Riedenburger Ortsteil Haidhof. Christine Schuster, Bezirksfachdienstleiterin für Rettungshundearbeit im BRK-Bezirksverband sowie Kreisfachdienstleiterin der BRK-Rettungshundestaffel Kelheim, freut sich mit ihren Großpudel-Hündinnen Whoopi und Trudl auf die kommenden Stunden.
„Tatsächlich hatte ich früher gar keine Berührung mit dem BRK, aber Hunde gehören immer schon zu meinem Leben.“ Christine Schuster, Bezirksfachdienstleiterin für Rettungshundearbeit im BRK-Bezirksverband
Denn das gemeinsame Training fordert Mensch und Tier gleichermaßen. Zweimal wöchentlich üben die Mitglieder der Rettungshundestaffel oft stundenlang die Basics der Vermisstensuche, um für den Ernstfall gerüstet zu sein. Aber wie findet man den Weg zur Rettungshundestaffel?
„Tatsächlich hatte ich früher gar keine Berührung mit dem BRK, aber Hunde gehören immer schon zu meinem Leben“, erzählt Christine Schuster. Als Dalmatiner-Hündin Maja zu ihr kam, sei schnell klar gewesen, dass für diesen Vierbeiner einfaches Gassigehen allein nicht ausreicht.
Also macht die heute 59-Jährige sich auf die Suche nach einer sinnvollen Aufgabe, die ihre Hündin körperlich und auch geistig wirklich auslastet – und landet bei der Rettungshundestaffel des BRK zunächst in Neumarkt.
„Das hat von Anfang an perfekt für uns gepasst, denn Maja war tatsächlich so etwas wie der geborene Rettungshund. Sie hat das sofort so gut gemacht und die doch zeitintensive Ausbildung ist mir deshalb mit ihr auch nicht schwergefallen. Und da ich ein offener Mensch und auch ein Teamplayer bin, habe ich in der Rettungshundearbeit ein Ehrenamt gefunden, in dem sich Hund und soziales Engagement wunderbar vereinen “, erzählt Christine, die mittlerweile auch Ausbildungs- und Einsatzleiterin bei der Rettungshundestaffel ist.
Viel Zeit, Geduld und die Motivation, im Notfall Tag und Nacht einsatzbereit zu sein, müssen Mensch und Hund, die Interesse an der Rettungshundestaffel haben, nämlich auf jeden Fall mitbringen.
Doch bis man wirklich an den Einsätzen teilnehmen darf, können laut Christine Schuster schon mal zwei bis drei Jahre vergehen. „Samstags trainieren wir zudem meistens den ganzen Tag. Das funktioniert nur, wenn die ganze Familie dahintersteht“, weiß die Hundeführerin aus Erfahrung.
Bei ihr sei das immer der Fall gewesen, denn sowohl ihr Mann als auch die beiden erwachsenen Kinder wissen, welch große Rolle Hunde seit jeher in Christine Schusters Leben spielen. „Ohne könnte ich einfach nicht sein. Die Tiere geben mir so unglaublich viel – und das ist nicht nur so daher gesagt“, erzählt die 59-Jährige.
Nach ihrem Abitur hat die Tierliebhaberin zunächst eine Ausbildung zur Tierarzthelferin absolviert und sich dann um einen Studienplatz für Tiermedizin beworben. „Die Zusage dafür habe ich aber leider erst im Nachrückverfahren und nur für Berlin erhalten. Da hatte ich mich schon für ein Architekturstudium in München entschieden“, verrät sie und erzählt, dass sie rückblickend immer noch ein bisschen bereue, den Schritt nicht gewagt zu haben. „Ich mochte meinen Job als Architektin total gerne, aber Tiere und alles, was mit dem medizinischen Bereich zu tun hat, sind einfach meine große Leidenschaft.“
„Eine Sanitätsgrundausbildung, Orientierung mit Karte und Kompass, Erste Hilfe am Hund und das richtige Verhalten im Einsatz sind Bausteine der Ausbildung." Christine Schuster erklärt, wie aufwändig die Ausbildung für Hund und Halter ist.
Heute hat Christine Schuster seit einigen Jahren ihre eigene Hundeschule und konnte sich im BRK auch medizinisch weiterbilden. Denn die Mitglieder der Rettungshundestaffel müssen unter anderem eine Sanitätsgrundausbildung absolvieren, um im Notfall Erste Hilfe leisten zu können. Eine Funkausbildung, Orientierung mit Karte und Kompass, Erste Hilfe am Hund und auch das richtige Verhalten im Einsatz sind weitere Bausteine in der Ausbildung.
Erst wenn der Hundeführer all das gelernt und der Vierbeiner seinen Eignungstest bestanden hat, wird das Mensch-Hund-Team zur Rettungshundeprüfung zugelassen. Und erst nach bestandener Prüfung – die alle zwei Jahre wiederholt werden muss – ist beim BRK eine aktive Teilnahme an Einsätzen zulässig.
„Und diese Einsätze sind tatsächlich so faszinierend, dass man anschließend weiß, warum man so viel trainiert und dass sich der Aufwand lohnt“, erzählt Christine Schuster. Im Schnitt zwischen 20- und 30-mal pro Jahr wird die BRK-Rettungshundestaffel Kelheim durch die Leitstelle Landshut alarmiert, um bei der Suche nach Vermissten zu helfen. Jeder Einsatz ist sowohl körperlich als auch psychisch anstrengend und kostet viel Kraft. „Wir werden häufig abends oder nachts alarmiert, weil Angehörige meist erst selbst suchen, dann die Polizei verständigt wird und wir oft als letzte Hilfe dazu genommen werden“, erzählt die 59-Jährige. Die Suche selbst könne sich dann auch über mehrere Tage hinziehen.
Noch wie heute erinnert sie sich an einen Einsatz letzten Sommer, als es ihrer knapp zehnjährigen Hündin Whoopi zum ersten Mal gelungen ist, eine vermisst gemeldete Person lebend zu finden. „Es war am zweiten Tag der Suche. Wir waren alle schon verzweifelt, doch dann hat Whoopi angezeigt und gebellt. Das Gefühl war einfach unglaublich“, erinnert sie sich. Klar ist aber auch, dass nicht jede dieser Suchen so glücklich endet. Das Aufspüren von bereits verstorbenen Personen müssen die Mitglieder der Rettungshundestaffel ebenfalls verarbeiten können.
„Es macht einfach Spaß, hier dabei zu sein und zu helfen." Christine Schuster schätzt die guten Strukturen der Hilfsorganisation.
„Jeder geht mit so einer Situation anders um. Wer möchte, kann auch als Einsatzkraft jederzeit die Hilfe der Notfallseelsorge MONA in Anspruch nehmen. Das ist gut und wichtig“, betont Christine Schuster.
An ihrem Ehrenamt beim BRK schätzt die 59-Jährgie vor allem die guten Strukturen der Hilfsorganisation und dass jeder sich auf den anderen verlassen kann. „Es macht einfach Spaß, hier dabei zu sein und zu helfen. Und natürlich ist es auch schön, selbst zu merken, wie die Bindung zwischen dir und deinem Tier durch die gemeinsame Arbeit immer enger wird“, sagt sie.