Jubiläum in Plattling: Seit 35 Jahren wird hier Schülern Pflege-Wissen vermittelt
Es ist ein ansprechender Altbau im Stil des ausgehenden Jugendstils, der seit jeher einen Platz in den Herzen der Plattlinger hat: das Josefsheim in der Luitpoldstraße. Und seit 1989, also heuer genau seit 35 Jahren, hat hier die Berufsfachschule für Pflege sowie die Berufsfachschule für Altenpflegehilfe ihre Heimat gefunden. Schulleiterin Katharina Kugler ist seit den Anfängen dabei und berichtet zusammen mit ihrem Schulleiter-Team um Wilfried Lechl und Eva Martinitz-Williams über die Entwicklung des Schullebens und aktuelle Herausforderungen ihrer Einrichtung.
Von Eva Rothmeier
Plattling. 16 Schülerinnen und Schüler haben den Anfang gemacht. Sie bildeten zusammen die erste Klasse der ehemals als „Fachschule für Altenpflege“ gegründeten Schule, die am 1. Oktober 1989 den Betrieb aufgenommen hat. Der Unterricht fand damals allerdings noch nicht im heutigen Schulgebäude in der Luitpoldstraße statt, sondern in einem Klassenzimmer der damaligen Hauptschule in Plattling.
„Aufgrund des damaligen Pflegedienstmangels erklärte sich das Bayerische Rote Kreuz München, das damals die Trägerschaft aller BRK-Schulen innehatte, bereit, auch in Plattling eine Fachschule für Altenpflege zu gründen“, erinnert sich Schulleiterin Katharina Kugler an die Anfänge.
„Wir haben das Schulleben Stück für Stück aufgebaut. Das war eine unglaublich spannende Zeit.“ Schulleiterin Katharina Kugler
Das Gebäude, in dem vorher ein Altenheim und zu dieser Zeit der Sozialpsychiatrische Dienst und eine Sozialpsychiatrische Wohngemeinschaft untergebracht waren, war allerdings baufällig und musste dringend renoviert werden. In Zusammenarbeit mit dem Kreisverband Deggendorf einigte man sich auf die Restaurierung des Josefsheims.
Zusammen mit einer hauptberuflichen Pflegelehrerin und mehreren nebenberuflichen Lehrern hat Kugler dann das Schulleben Stück für Stück aufgebaut. „Das war eine unglaublich spannende Zeit“, sagt die Schulleiterin, die selbst Jugend- und Erwachsenenbildung studiert hat und bis heute an der Schule Kommunikation, Berufskunde und Lebensgestaltung unterrichtet.
Rund sechs Millionen D-Mark hat das BRK damals in die Renovierung des Josefsheims investiert und 1992 konnte die Schule schließlich die Räumlichkeiten beziehen. Bei den verbandsinternen Umstrukturierungen im Jahr 2000 übernahm der BRK-Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz die Trägerschaft der Schule und betreibt diese bis heute.
„Ein großer Meilenstein für uns war das Jahr 2003, als mit der Einführung des Bundesaltenpflegegesetzes die Ausbildung der Altenpflegeschüler von zwei auf drei Jahre verlängert wurde“, erzählt Schulleiter Wilfried Lechl.
Ab dann gab es nämlich eine gesetzliche Vorschrift zur Ausbildungsvergütung und die Schule in Plattling ist von der „Fachschule“ zur „Berufsfachschule für Altenpflege“ und gleichzeitig eine Institution der Erstausbildung geworden.
„Alle Schüler mussten zu Beginn einen Ausbildungsplatz vorweisen können, aber viele Leiter von Seniorenheimen wollten in ihrem Haus gar nicht ausbilden, weil die Träger die Ausbildungsvergütung nicht bezahlen wollten. Das war tatsächlich eine Zeit der existentiellen Not und ich hatte Angst, gar keine Klasse für das neue Schuljahr bilden zu können“, beschreibt Katharina Kugler. Bis 2005 sei das teilweise ein harter Kampf gewesen.
2004 wurde die Berufsfachschule für Altenpflegehilfe gegründet. Insbesondere Frauen, die nach der Elternzeit eine aktuelle berufliche Qualifizierung anstrebten, nahmen dieses Angebot gerne an. „Diese einjährige staatliche Ausbildung zur Altenpflegehelferin ließ und lässt sich gut mit den familiären Verpflichtungen in Einklang bringen“, erklärt Katharina Kugler. Viele Schüler nutzten diese Vorqualifizierung auch für den Übertritt an die Berufsfachschule für Altenpflege. In den Jahren von 2003 bis 2010 haben sich die beiden Berufsfachschulen sehr gut konsolidiert und sich zeitgleich auch konzeptionell neu ausgerichtet, was viel Feinarbeit in der Ausarbeitung eines neuen Lehrplans erfordert habe.
„Unser Schulleitungs-Team war von Anfang an für eine gemeinsame Pflegeausbildung und hat sich deshalb für diesen Schulversuch beworben.“ Schulleiterin Katharina Kugler.
„Die nächste Ausbildungsreform rückte hier aber bereits näher. Wir haben an der Berufsfachschule für Altenpflege von Beginn an für eine gemeinsame Pflegeausbildung plädiert und auch dafür, dass anschließend ein Studium der Pflege möglich sein sollte“, erzählen die Schulleiter. Das hochmotivierte Kernteam der Berufsfachschule für Altenpflege bewarb sich deshalb um die Teilnahme am Schulversuch „Generalistische Pflegeausbildung mit beruflichem Schwerpunkt in Bayern“.
Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus erteilte dafür ab dem Schuljahr 2011/2012 die Erlaubnis und mit hohem Engagement setzten die Mitarbeiter dieses zukunftsweisende Bildungskonzept in den folgenden neun Jahren um.
„Das war ein riesiger Arbeitsaufwand für alle, aber wir haben das gemeinsam durchgezogen, haben viel gelernt und sind gestärkt herausgegangen“, sagen alle übereinstimmend. Denn als dann ab dem 1. Januar 2020 die aktuelle Ausbildungsreform mit dem Pflegeberufegesetz in Kraft trat, mit der eben genau diese generalistische Ausbildung verpflichtend wurde, sei man wesentlich besser aufgestellt gewesen als viele andere Schulen in der Umgebung.
Das Schöne dabei sei außerdem gewesen, dass man als Team in diesen Jahren auch sehr kreativ sein, ein eigenes Curriculum und dabei auch den Geist der Schule selbst entwickeln konnte. „Die Erfahrungen aus dem Schulversuch konnte und kann uns keiner mehr nehmen und die meisten Lehrer von damals sind auch heute noch an unserer Schule. Das hat sich auch unter den angehenden Pflegeschülern herumgesprochen“, schildert Katharina Kugler.
Doch mit dem neuen Ausbildungsgesetz schlug im Jahr 2020 auch die Corona-Pandemie heftig zu. Zwar sei die Pflege noch nie so positiv konnotiert gewesen als zu dieser Zeit, aber der Druck der Verantwortung für Mitarbeiter, Schüler und auch Träger habe auch das Schulleitungs-Team sehr belastet.
Eigentlich hätten zu dieser Zeit die strukturellen Bedingungen für die Umsetzung des neuen Pflegeberufegesetzes organisiert werden müssen, aber die Leiter der Pflegeeinrichtungen hatten aufgrund der aktuellen Herausforderungen dafür keine freien Kapazitäten. „Damals habe ich nachts nicht mehr viel geschlafen“, gibt Kugler zu.
„Die Rahmenbedingungen müssen verbessert werden, um wieder mehr Menschen von den Pflegeberufen zu überzeugen.“ Schulleiter Wilfried Lechl
Aktuell besuchen 24 Schüler die Berufsfachschule für Altenpflegehilfe sowie 64 Schüler die Berufsfachschule für Pflege in Plattling. Vier hauptamtliche Lehrkräfte in Vollzeit und fünf in Teilzeit, acht nebenberufliche Lehrer, zwei teilzeitbeschäftigte Verwaltungsfachkräfte und zwei Reinigungskräfte bilden das Mitarbeiter-Team.
Die Bewerberzahlen sind – wie an allen anderen Pflegeschulen – auch in Plattling in den letzten Jahren zurückgegangen. Dazu kommt, dass meist zwischen 30 und 35 Prozent der Schüler ihre Ausbildung vorzeitig abbrechen. „Das ist mit ein Grund, warum wir allen Interessenten empfehlen, vorher ein Praktikum zu machen. Denn die Pflege der eigenen Oma daheim ist schon etwas anderes, als das dann auch tagtäglich als Beruf zu machen“, sagt Wilfried Lechl. Er ist zwar überzeugt, dass in der Gesellschaft durchaus angekommen ist, wie wichtig die Pflegeberufe sind. Viele würden sich aber dennoch fragen: „Will ich das wirklich machen?“
Lechl ist sich sicher, dass in erster Linie die Rahmenbedingungen verbessert werden müssen, um wieder mehr Menschen von den Pflegeberufen zu überzeugen. „Dazu zählen beispielsweise flexiblere Arbeitszeitmodelle, gesicherter Urlaub und jedes zweite Wochenende frei. Außerdem dürfen Auszubildende nicht gleich mit zu vielen Aufgaben überfordert werden, sondern müssen sicher und Schritt für Schritt in ihre Tätigkeiten reinwachsen“, sagt er.
Für seine Kollegin Eva Martinitz-Williams, Berufspädagogin M. Sc. und selbst ausgebildete Altenpflegerin, müssen Pflegefachschüler vor allem Empathie und Motivation für ihre Aufgaben mitbringen. „Interesse am Menschen, gut zuhören können und auch Durchhaltevermögen sind hier wichtig. Der Dank und die Anerkennung von Patienten und Angehörigen ist einem dann sicher. Und durch den Beruf gewinnt man einfach auch viel für sich selbst“, sagt sie.
Das Schulleiterteam um Katharina Kugler hat auch für die Zukunft hohe Qualitätsansprüche für seine Einrichtung. „Wir sind alle kreativ und haben viele Ideen. Das ist wichtig, denn schließlich wollen wir immer besser werden“, sagen sie. Damit es die Berufsfachschule für Altenpflegehilfe und Berufsfachschule für Pflege auch in den nächsten 35 Jahren noch gibt.