Joachim Merk und der Sport - eine Geschichte mit vielen Kapiteln
75 Jahre BRK-Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz: Wer über dieses Thema berichtet, für den führt an Joachim Merk kein Weg vorbei. Seit 37 Jahren bekleidet der frühere Pressesprecher der Regierung der Oberpfalz das Amt des Justiziars. Neben seiner Begeisterung fürs Verwaltungsrecht nimmt im Gespräch mit dem 80-Jährigen auch der Sport schnell breiten Raum ein. Wenn der Regensburger in Fahrt kommt, fallen Jahreszahlen, Namen von Spitzenathleten und Bestzeiten im Sekundentakt.
Von Frank Betthausen
Regensburg. Es gibt ein Thema, bei dem strahlen die Augen von Joachim Merk fast noch mehr als in den Momenten, in denen er über seine Liebe zur Verwaltungsarbeit spricht: den Sport! Wenn sich der 80-Jährige traumwandlerisch sicher zu Jahreszahlen, Spitzenathleten und Bestzeiten äußert, huscht immer wieder ein jungenhaftes Lächeln über sein Gesicht. „Mir kommt seit meiner Schulzeit ein fast schon manisches Gedächtnis zugute“, sagt er.
Klar und treffend analysiert der langjährige Justiziar des Bezirksverbands Niederbayern/Oberpfalz, der Anfang Oktober das Steckkreuz für besondere Verdienste um das BRK erhalten hatte, die Erfolgsgeschichte und -taktik früherer DDR-Boxer.
„Da, wo es richtig anfängt – mit Training und Härte –, hat es bei mir gefehlt. Wo es losgegangen wäre, habe ich aufgehört.“ Joachim Merk über seine Sport-Ambitionen
In schwärmerischer Leichtigkeit gibt er seine Eindrücke vom Finale der Handball-WM 1978 wieder, als Dieter „Jimmy“ Waltke das deutsche Team mit drei Treffern in 193 Sekunden gegen die Sowjetunion, den großen Turnier-Favoriten, beim späteren 20:19-Sieg auf Kurs hielt.
Und als wäre er seit Jahren als Trainer an seiner Seite, sagt der Regensburger über den deutschen Zehnkämpfer Niklas Kaul: „Er hat ein paar kleinere Schwächen im Sprint, die wird er nicht ganz wegbekommen. Aber wenn sein Fuß beim Hochsprung hält, können auch mal 9000 Punkte drin sein.“ Klar, dass Merk in diesem Sommer im Olympiastadion in München dabei war, als der 24-Jährige bei den Europameisterschaften an einem epischen Abend die Gold-Medaille gewann!
Beim Hochsprung über die 1,75-Meter-Marke
Es sind vor allem die Leichtathletik, das Schwimmen und der Wintersport, die es dem früheren Pressesprecher der Regierung der Oberpfalz angetan haben. Als Leichtathlet erzielte er in der Schule selbst beachtliche Erfolge. Beim Hochsprung überquerte der großgewachsene Merk – noch in der alten Sprungtechnik und nicht mit dem weltberühmten Fosbury Flop – die 1,75-Meter-Marke.
Auch im Tennis war der ehemalige Verwaltungsjurist, der seit 37 Jahren das Amt des Justiziars beim BRK-Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz bekleidet, wahrlich kein Schlechter. „Da, wo es richtig anfängt – mit Training und Härte –, hat es bei mir allerdings gefehlt“, erzählt er. „Wo es losgegangen wäre, habe ich aufgehört.“ Gar nicht erst angefangen hat er mit dem Fußballspielen. „Ich habe zwei linke Füße. Ich war für Fußball schlicht ungeeignet“, sagt er.
Offenheit, Ehrlichkeit und sachliche Analyse, wie er sie als Sport-Beobachter an den Tag legt, gepaart mit einer ruhigen, ausgeglichenen Art: Diese Eigenschaften haben Merk immer ausgezeichnet. Bis heute genießt der gebürtige Vilsbiburger dafür höchstes Ansehen – auch und gerade in den Reihen des Bayerischen Roten Kreuzes.
Als Ludwig Böldl vor seiner Tür stand...
Dabei hatte er zu der Hilfsorganisation früher keinerlei Bezug. Das änderte sich erst, als 1985 der damalige Abschnittsleiter der Bergwacht-Region Bayerwald, Ludwig Böldl, mit einem Begleiter vor seinem Büro bei der Regierung stand und ihn aus dem Nichts fragte, ob er sich vorstellen könne, sich künftig um Rechtsfragen beim BRK-Bezirksverband zu kümmern.
Nach kurzer Bedenkzeit sagte Merk, der heuer im Juni seinen 80. Geburtstag gefeiert hatte, zu – und wurde einige Wochen später ins Amt gewählt. In Abwesenheit! Er war an dem Tag verhindert…
Bereut hat er den Schritt nie. Nicht zuletzt, weil er sich von Beginn genau an der richtigen Stelle sah und fühlte. „Ich konnte mein Wissen aus der Verwaltung beim Roten Kreuz immer 1:1 anwenden“, sagt er. Und: Er profitierte – nicht zuletzt in seinen Rollen als Vorsitzender der Schiedsgerichte auf Bezirksebene (bis heute) und im Landesverband (bis Ende 2021) – von seiner „großen Erfahrung im Umgang mit Menschen“, wie er es formuliert.
Gesprächspartner schätzten und schätzen seinen fairen, gemäßigten Ton – in Alltags- wie in Streitfragen. Dazu kam seine Fähigkeit, gut vermitteln sowie komplexe Zusammenhänge verständlich erklären zu können. Qualitäten, die dem einstigen Pressesprecher – den Posten hatte er von 1979 bis 1993 inne – auch bei Zeitungs- und Radioredakteuren aus ganz Ostbayern einen hervorragenden Ruf verschafften.
Merk war 1972 erstmals zur Regierung gekommen und nach einem Zwischenspiel am Landratsamt Regensburg dorthin zurückgekehrt. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand stieg er weit auf. Als er sich 2007 aus dem Berufsleben verabschiedete, tat er das als „dritter Mann“ der Verwaltung. Merk war zu dieser Zeit dienstältester Abteilungsleiter – in seine Zuständigkeit fielen die Bereiche Landesentwicklung und Umweltfragen – und vertrat in dieser Rolle den Regierungsvizepräsidenten.
„Ich hatte das Vergnügen, die ganze WAA-Sache zu begleiten. Die Pressearbeit dazu hat viel Zeit und Nerven gekostet." Joachim Merk über seine Zeit als Pressesprecher der Regierung
Vor allem zu WAA-Zeiten kam er als Pressereferent mit seinem Chef weit herum in der Oberpfalz. Karl Krampol war als Regierungspräsident jemand, der in der Auseinandersetzung um die in Wackersdorf geplante Wiederaufarbeitungsanlage viel in die Gemeinden und zu den Leuten hinausfuhr. Immer mit dabei: Joachim Merk. „Ich hatte das Vergnügen, die ganze WAA-Sache zu begleiten. Die Pressearbeit dazu hat viel Zeit und Nerven gekostet“, sagt er in der Rückschau.
Es gab reihenweise Härtefälle
Auch das Ende der Maxhütte und die Sanierung des Schlackenbergs in Sulzbach-Rosenberg forderten ihn – genauso wie die Verwaltungsreform in Bayern, bei der sich die Zahl der Wasserwirtschafts- und Straßenbauämter in der Oberpfalz von jeweils drei auf zwei verringerte. Eine alles andere als leichte Zeit, in der es viele Personalgespräche zu führen und reihenweise Härtefälle bei geplanten Versetzungen zu prüfen galt…
Wo für ihn der größte Reiz in der Behördenarbeit lag? „Auf die Menschen zuzugehen und für die Leute etwas zu machen! Aber auch Regeln zu vermitteln“, sagt er, ohne lang überlegen zu müssen. Trocken und verstaubt fand er die Verwaltungsjuristerei nie – schon im Studium nicht. Für Merk, der in Regensburg Abitur gemacht und in Erlangen studiert hatte, lag ein großer intellektueller Reiz darin, „bestimmte Themen und Diskussionen zu durchdenken“ und Lösungen zu finden – jenseits der Politik. „Das hat mich fasziniert“, sagt er.
Ein echter Satzungsexperte
Sein enormer Sachverstand führte ihn auch beim Bayerischen Roten Kreuz in wichtige Positionen. Als Mitglied im ehrenamtlich besetzten Landesvorstand habe Merk wichtige Impulse für die strategische Ausrichtung und die verbandspolitischen Ziele der Hilfsorganisation gesetzt, hatte ihn Regierungspräsident Walter Jonas vor wenigen Wochen bei der Verleihung des Steckkreuzes in Regensburg gewürdigt.
Als Vorsitzender des Satzungsausschusses habe Merk maßgeblichen Anteil an der Weiterentwicklung der Satzung des BRK gehabt. Auch die Anpassung der Regelungen in den Mustersatzungen durch das DRK habe er moderiert und mit seiner Expertise zum Erfolg geführt.
Wie der 80-Jährige sein Wirken bewertet? In der ihm eigenen Bescheidenheit! „Wir haben im Hintergrund ein bisschen Zusammenleben organisiert“, sagt er. „Uns war immer klar, dass der einzelne Rotkreuzler in seiner Bereitschaft oder im Einsatz nicht mit der Satzung unter dem Arm herumlaufen kann.“
Dabei fand er als Jurist gerade die internationalen rechtlichen Zusammenhänge innerhalb der Rot-Kreuz-Bewegung immer „absolut faszinierend“. Was in Uruguay Grundlage sei, gelte theoretisch sogar zwischen der Ukraine und Russland. „Dass es da etwas gibt, was für alle Anwendung findet, das ist beeindruckend“, sagt der 80-Jährige, der aus seiner Tätigkeit fürs Rote Kreuz immer das Gefühl mitnahm, „dass du irgendwie hilfst und etwas weiterbringst“.
Mithelfen und etwas weiterbringen: Merks Expertenwissen war in diesen Punkten in seinen jungen Jahren bei ganz besonderen Projekten gefragt. Eine Seite, die viele Wegbegleiter an dem Regensburger nicht kennen! Als „Jo“ Merk – der englische Spitzname geht auf seine Studententage zurück – wirkte er an Sportbüchern des Südwest Verlags mit.
Der 2012 verstorbene Sport-Journalist, Autor und ZDF-Moderator Harry Valérien gab die Werke rund um die Olympischen Spiele und Fußball-Weltmeisterschaften heraus.
Zwischen 1972, als die Olympischen Spiele in München stattfanden, und 1990 – dem Jahr, in dem Deutschland die Fußball-WM in Italien gewann – gehörte Merk der Redaktion Valériens an. Der Regensburger nahm sich jeweils unbezahlten Sonderurlaub, um Texte und Bildunterschriften in den Bänden auf inhaltliche Schnitzer und sportliche Richtigkeit zu überprüfen. „Das war immer ein Wettlauf, um mit den Büchern zum Ende der Wettbewerbe fertig zu werden“, erinnert er sich.
Bis heute eine „märchenhafte Geschichte"
Das Engagement – Merk spricht bis heute von einer „märchenhaften Geschichte – ergab sich aus reinem Zufall während seiner Referendarszeit in München. Nach der Skigymnastik saß er um den Jahreswechsel 1970/71 herum in einem Landgasthof in fröhlicher Runde mit seinen Sportkameraden zusammen. Einer von ihnen war, wie sich herausstellte, der Chefredakteur von Valériens Buch-Team. Merk kam mit ihm ins Gespräch…
Als der angehende Jurist begann, fundiert den Sieg von Eisschnellläufer Erhard Keller bei den Olympischen Winterspielen 1968 in Grenoble zu beleuchten, wurde der Experte hellhörig. „Offenbar hat er gemerkt, dass ich mich etwas auskenne“, blickt Merk zurück. Einige Monate später kamen die beiden Männer bei einer Examensfeier wieder ins Reden – und auf einmal war der Regensburger Mitglied in der Redaktion der renommierten Sportbücher.
Er liest viel und frischt seine Sprachkenntnisse auf
Der Sport begleitet ihn – wenig überraschend! – bis heute, auch wenn er nach der Fußball-WM 1990 die Tätigkeit für den Südwest Verlag einstellte. Neben seinem Interesse für diverse Sportarten im Allgemeinen und seiner riesigen Begeisterung für die Leichtathletik im Speziellen spielt Joachim Merk leidenschaftlich gerne Golf im Fürstlichen Thiergarten in Donaustauf.
Darüber hinaus liest er viel, lernt Spanisch und frischt seine Tschechisch-Kenntnisse auf. Seit seinem Wechsel in den Ruhestand kann außerdem seine Frau auf seine Helferqualitäten im Haushalt zählen. „Ich weiß selber oft nicht, wie der Tag vergeht“, sagt der 80-Jährige und lacht. Und das bei einem „fast schon manischen Gedächtnis“…