In Schwandorf stemmen sie sich „mit allem, was sie haben“, gegen den Trend

Corona hat für die Pflege viele Einschnitte und Herausforderungen mit sich gebracht. Die Nachwirkungen sind immer noch deutlich zu spüren. Kreisgeschäftsführer Otto Josef Langenhan steckt den Kopf deswegen nicht in den Sand. Er sprüht vor Entschlossenheit und Optimismus. „Wir wollen unbedingt dagegen angehen, dass die Zukunft im Problem der Personalknappheit versinkt“, sagt er. Aber: Dafür müsse auch mehr Geld ins System, um die Bedingungen noch attraktiver zu machen und mehr investieren zu können, lautet seine zentrale Forderung an die Krankenkassen.

Von Frank Betthausen

Schwandorf. Nein, die Zeiten sind nicht einfach. Die Corona-Folgen, das dramatische Weltgeschehen… Eine Gesellschaft, die immer älter wird! Pflegebedingungen, die sich radikal verändern. Personalmangel in den Heimen und in der Ambulanten Pflege… Den Kopf in den Sand stecken wird Otto Josef Langenhan trotzdem nicht. Im Gegenteil!

„Es liegt nur an der Personalverfügbarkeit, sonst könnten wir noch fünf Häuser füllen.“ Kreisgeschäftsführer Otto Josef Langenhan

Der Geschäftsführer des BRK-Kreisverbands Schwandorf mit seinen rund 900 hauptamtlich Beschäftigten betont: „Wir stellen uns mit allem dagegen, was wir haben und was uns möglich ist.“

Ja, Langenhan sprüht vor Entschlossenheit. Das BRK halte mit aktuellen Entwicklungen Schritt, arbeite in Schwandorf intern stark an der Effizienz, stelle sich der Digitalisierung und richte großes Augenmerk auf das Betriebliche Gesundheitswesen.

Und auch sonst kämpfe der Sozialverband im Freistaat an vielen Stellen darum, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Zum 1. Januar 2025 trete eine allgemeine Tariferhöhung von 7,5 Prozent in Kraft. Dazu werde heuer pro Vollzeitstelle eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von dreimal 1000 Euro ausbezahlt.

Sein Wunsch: „Leute gut beschäftigen“

„Wir wollen unbedingt dagegen angehen, dass die Zukunft im Problem der Personalknappheit versinkt“, meint der Kreisgeschäftsführer. Aber: Dafür müsse auch mehr Geld ins System, um die Bedingungen noch attraktiver zu machen und mehr investieren zu können. „Dann können wir gute Leute gut beschäftigen.“

Die Zeiten unterlägen einem starken Wandel. Die Versorgung in der Pflege müsse dringend auf andere Beine gestellt werden. „Die Kostenerstattung muss eine andere werden“, lautet Langenhans zentrale Forderung an die Krankenkassen.

Bei all dem zielen seine Überlegungen nicht auf eine Gewinn-Maximierung ab. Nein, es gehe vielmehr darum, neue Wege in der Pflege zu gehen.

„Da gibt es viele Ansätze – aber es muss halt finanziert sein. Immer nur Geld mitbringen und zuschießen: Das kann auch ein Sozialverband wie das BRK nicht. Sonst gefährde ich andere Dinge“, sagt der Geschäftsführer, dessen Kreisverband drei stationäre Einrichtungen in der Region betreibt.

Alle Häuser sind voll belegt. „Es liegt nur an der Personalverfügbarkeit, sonst könnten wir noch fünf Häuser füllen“, sagt Langenhan.

Eine seiner Strategien, den Herausforderungen dieser Tage zu begegnen? Die Grundlage dafür schaffen, dass Menschen gut versorgt möglichst lang in den eigenen vier Wänden leben können! „Das ist ein ganz, ganz wichtiger Bestandteil der Pflege“, sagt er.

Mit seinen Mitarbeitern tut er viel dafür, den Hausnotruf und den Mobilruf samt dazugehörigem Bereitschaftsdienst auszubauen – flächendeckend im gesamten Landkreis. „Ich bin mehr oder weniger der Türöffner fürs BRK“, sagt Fachlicher Leiter Markus Kleber, der die Dienstleistungen verantwortet. Und seine Kollegin Bianca Scherer, Leiterin der Ambulanten Sozialen Dienste, ergänzt: „Das ist das Erste, was die Leute in den Haushalt lassen.“

Ihre Erfahrungen: Die Rot-Kreuz-Mitarbeiter werden von den Kunden, denen es um ein Gefühl von Sicherheit im Alltag und darum geht, im Notfall unkompliziert Hilfe anfordern zu können – gerade, wenn sie viel allein zu Hause sind – herzlich empfangen. „Die Leute freuen sich, wenn wir vorbeikommen. Das macht einfach Spaß – und das kann man den Menschen auch widerspiegeln“, erzählt Kleber.

410 Teilnehmer hat der Hausnotruf derzeit im Landkreis Schwandorf – Tendenz stark steigend. Der Mobilruf, der sich im Aufbau befindet, erfreut sich ebenfalls immer größerer Beliebtheit.

Im Gegensatz zum Sender, den die Kunden beim Hausnotruf am Handgelenk oder als Kette um den Hals tragen und über den im Ernstfall eine Kommunikation mit der zuständigen Zentrale in Würzburg möglich ist, funktioniert er über eine SIM-Karte.

Er ist damit nicht an eine bestimmte Reichweite gebunden. „Ich kann das Gerät immer und überallhin mitnehmen. Ich kann damit sogar in den Urlaub fahren“, erläutert Kleber.

Hintergrunddienst ist Tag und Nacht besetzt

Vor zwei Jahren ist beim BRK Schwandorf der Hausnotruf-Hintergrunddienst in Betrieb gegangen. Er sei Tag und Nacht besetzt, wie Kleber erklärt, weil viele Angehörige zu weit weg wohnten oder arbeiten müssten und im Alltag nicht ohne Weiteres bei ihren Familienmitgliedern vorbeifahren könnten, wenn es die Situation erfordere.

Pro Woche verbucht er inzwischen ein bis zwei Einsätze. Bestritten werden sie von sieben Mitarbeitern: Zwei decken den Dienst während der normalen Bürozeiten ab, fünf Kollegen halten sich an den Abenden und nachts bereit und rücken mit dem Dienstauto aus, wenn eine zeitlich unkritische Notsituation eintritt – etwa ein Sturz.

„Für die Mitarbeiter ist seit letztem Jahr ein super Arbeiten möglich – unter modernsten Bedingungen.“ Peter Viehauser, Leiter des Senioren-Wohn- und Pflegeheims Burglengenfeld

Bianca Scherer ist mit ihrem Team im Bereich der Ambulanten Sozialen Dienste im Landkreis für rund 1000 Klienten verantwortlich: Hausnotruf-Kunden genauso wie Patienten, die pflegerische Unterstützung brauchen. Die Sozialstationen befinden sich in Schwandorf, Nabburg und Burglengenfeld (für das Städtedreieck sowie Bruck und Bodenwöhr). 26 Pflegefachkräfte und Pflegefachhelfer arbeiten an den Stützpunkten fürs Rote Kreuz.

Erst vor ein paar Wochen hat der Kreisverband elf neue VW Polos für die 16 Autos umfassende Fahrzeugflotte der Ambulanten Pflege geleast.

Natürlich mit Klimaanlage und Sitzheizung! „Das muss schon adäquat sein. Die Kolleginnen sind doch viel unterwegs auf den Straßen“, sagt Otto Josef Langenhan.

„Sein“ Kreisverband geht in vielerlei Hinsicht mit der Zeit. „Es hat sich viel weiterentwickelt von den Strukturen“, sagt Monika Nörl, Sachbearbeiterin bei den Ambulanten Sozialen Diensten.

Das gilt auch für die Beratungseinsätze, die zu den festen Angeboten des BRK Schwandorf gehören. Sie sind ein weiterer Mosaikstein in den Bemühungen, Menschen so lang wie möglich ein Leben zu Hause zu garantieren. 450 Kunden erhalten einmal jährlich oder halbjährlich eine Beratung, bei der ihre jeweilige Lebenssituation begutachtet und besprochen wird.

Die Unterschiede sind groß

Am Ende der ambulanten „Versorgungskette“ steht die unterstützende Pflege mit einer festen Betreuung daheim. Die Unterschiede sind dabei groß. Es gibt Patienten, die drei-, viermal pro Tag intensive Begleitung benötigen – bei der Körperpflege, der Medikamentengabe oder Verbandswechseln –, und solche, die nur einmal in der Woche Hilfe beim Baden brauchen.

Wer rund um die Uhr Alltagshilfe benötigt, ist in den stationären Pflege-Einrichtungen des BRK Schwandorf „in besten Händen“, wie Otto Josef Langenhan erklärt. Auch dafür stemmt „sein“ Verband immer wieder hohe Investitionen. So wie im Fall des 2023 eröffneten Senioren-Wohn- und Pflegeheims in Burglengenfeld.

Das Rote Kreuz hatte das dortige Haus mit seinen 104 Plätzen im laufenden Betrieb von 2018 an für rund 15 Millionen Euro neu gebaut. „Für die Mitarbeiter ist seit letztem Jahr ein super Arbeiten möglich – unter modernsten Bedingungen“, sagt Leiter Peter Viehauser, der laut Langenhan „keinem klassischen Seniorenheim mehr“ vorsteht.

Gelebt und gearbeitet wird nach einem Wohngruppenkonzept mit Einzelzimmern. Jede Station hat ein Ess- und ein Wohnzimmer sowie eine Küche.

„Auch hier wollen wir weg von der Tristesse, die viele immer noch mit solchen Einrichtungen in Verbindung bringen. Wir wollen zeigen: Hier herrscht Leben.“ Kreisgeschäftsführer Otto Josef Langenhan

„Das Zuhausegefühl wird quasi mitgenommen“, sagt Viehauser. Auf den Wohnbereichen wird gemeinsam gekocht, die Senioren werden intensiv mit eingebunden und können sich einbringen, wo sie möchten – etwa beim Kartoffelschälen oder Wäschezusammenlegen. Dazu kommen individuelle Aufsteh- und Frühstückszeiten: Heimleben wie in einer großen Familie!

Eine weitere Besonderheit ist die Kinderkrippe, die das BRK Schwandorf – im Übrigen der Kreisverband mit den meisten Trägerschaften von Kindertageseinrichtungen in Bayern – im Parterre betreibt. „Sie sorgt für einen schönen Wechsel zwischen Jung und Alt“, meint Peter Viehauser.

Bald soll in seinem Haus außerdem eine Cafeteria eröffnen, die nicht nur Bewohnern und Angehörigen zur Verfügung stehen wird, sondern allen Burglengenfeldern. „Auch hier wollen wir weg von der Tristesse, die viele immer noch mit solchen Einrichtungen in Verbindung bringen. Wir wollen zeigen: Hier herrscht Leben“, sagt Otto Josef Langenhan.

Die Zeiten sind nicht einfach. Doch beim BRK in Schwandorf stellen sie sich mit Innovation und allem dagegen, was sie haben und was ihnen möglich ist…