50 Jahre bei der Bergwacht – Leben retten ein Leben lang

Ein Jubiläum der ganz besonderen Art darf Manfred Falkner aus Untergriesbach am 6. Juli 2024 feiern: An diesem Tag vor genau 50 Jahren ist der 75-Jährige der Bergwacht Passau beigetreten. Bis heute ist er aktiver Bergwachtler geblieben. Dass sich daraus eine Art Lebensaufgabe entwickeln würde, hat der passionierte Bergsteiger anfangs selbst nicht für möglich gehalten. Aber „Bergwacht muss man leben“, weiß es Manfred Falkner jetzt besser. 2017 hat er für seine Verdienste und Mühen die Goldene Leistungsauszeichnung von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in der Münchner Staatskanzlei erhalten.

Von Eva Rothmeier

Untergriesbach. Wenn die Rede auf die Berge kommt, beginnen die Augen von Manfred Falkner zu leuchten. Die Ruhe, die Natur, aber auch der Kampf gegen den eigenen inneren Schweinehund beim Bergsteigen faszinieren ihn seit über 60 Jahren. Seit knapp 50 Jahren setzt er seine Leidenschaft auch dafür ein, mit seinen Bergwachtkameraden anderen Menschen zu helfen und Leben zu retten. „Mit etwa 15 Jahren habe ich mit dem Bergsteigen begonnen. Dabei habe ich irgendwann jemanden kennengelernt, der bei der Bergwacht aktiv war. Immer, wenn wir uns getroffen haben, hat er mir von der Gemeinschaft vorgeschwärmt und mich dann einfach mal zu einem Treffen mitgenommen“, erinnert sich Falkner.

„Es dauert rund drei Jahre, bis man vom Anwärter in den aktiven Einsatz für die Bergwacht Bayern wechseln darf. Da gehört viel Engagement dazu.“ Bergwachtler Manfred Falkner

Und seit dem 6. Juli 1974 ist er selbst Mitglied bei der Bergwacht Passau/Dreisessel. Nach seiner Grundausbildung – die damals bei weitem noch nicht den Umfang von heute hatte – sei für ihn schnell klar gewesen, dass er sich noch weiter bei der Bergwacht einbringen möchte. Und so wurde Manfred Falkner zunächst Ausbilder bei seiner Bereitschaft, dann Ausbildungsverantwortlicher für die Region Bayerwald und von 2001 bis 2009 zugleich auch Stellvertreter des Regionalleiters.

„Ich habe damals die komplette Sommer- und Winterausbildung mit den Anwärtern gemacht. Heute müssen diese erst einmal einen Eignungstest für Sommer und Winter machen und anschließend eine Basisausbildung jeweils in der Sommerrettung, Winterrettung, Luftrettung, Notfallmedizin und im Naturschutz“, erklärt der 75-Jährige.  Am Ende müssen in allen Bereichen umfangreiche theoretische und praktische Prüfungen bestanden werden.

Rund drei Jahre dauert es, bis man vom Anwärter in den aktiven Einsatz für die Bergwacht Bayern wechseln darf. „Da gehört schon viel Ausdauer und Engagement dazu. Aber noch haben wir keine Nachwuchssorgen“, sagt Falkner.

Grundsätzlich sei für angehende Bergretter wichtig, Skifahren zu können und wenn möglich auch erste Kenntnisse im Klettern zu haben. Alles andere werde in der Ausbildung hervorragend vermittelt.

Falkner selbst ist im Sommer und Winter tatsächlich gleich gern in den Bergen unterwegs. „Bergsteigen beziehungsweise Hochtouren war zwar meine erste große Leidenschaft, aber Skitourengehen mag ich mittlerweile genau so gerne“, verrät er.

Für ihn ist auch wichtig, dass den Anwärtern von Anfang an klar ist, dass man die Bergwacht nicht einfach so mal nebenbei machen kann, sondern dass man Motivation und Leidenschaft mitbringen muss. „Die Bergwacht muss man leben. Schließlich geht es hier darum, 365 Tage im Jahr auf Abruf zu sein und im Notfall Menschenleben zu retten“, sagt er. Dazu zähle auch, dass man bei einem Einsatz etwaige private Termine auch mal absagt und seine Freizeit opfert.

Zwischen 35- und 40-mal pro Jahr wird die Bergwacht Passau/Dreisessel im Schnitt für Einsätze angefordert. Im Sommer mittlerweile öfter als im Winter. „Es sind einfach viel mehr Menschen als früher in der Natur unterwegs. Und manche Wanderer oder Mountainbiker überschätzen sich und ihre körperliche Verfassung dabei“, erzählt Falkner.

Dazu komme, dass es am Dreisessel auch keine breiten Wanderwege gebe, sondern hier eher von Pfaden zu sprechen sei. Eine Sprunggelenksfraktur – quasi die Standardverletzung am Dreisessel - habe man sich hier schnell mal zugezogen.

2009 ist Manfred Falkner zum Regionalleiter gewählt worden und hatte dieses Amt bis 2017 inne. Als Mitglied des Landesvorstandes der Bergwacht Bayern wurde er außerdem dazu bestimmt, die Bergwacht Bayern von 2009 bis 2017 im Landesvorstand des Bayerischen Roten Kreuzes zu vertreten. „Das waren schon Jahre, in denen vieles in der Bergwacht Bayern oder beim gesamten Roten Kreuz im Umbruch war“, erklärt er.

In seine Amtszeit fielen unter anderem die Umstrukturierung der Einsatzleiterstruktur (2003), die Schneekatastrophe im Bayerischen Wald (2006), die Eröffnung des Bergwacht Zentrums für Sicherheit und Ausbildung in Bad Tölz (2008), der Umzug der Regionalgeschäftsstelle von Regensburg nach Deggendorf (2010), der Großeinsatz bei der Hochwasserkatastrophe in Deggendorf (2012), das Hochwasser von Simbach (2016) und der Projektbeginn Rettungswinde Christoph 15.

„Da waren schon oft Tage und Wochen dabei, in denen man körperlich und mental extrem gefordert war. Wenn ich etwa an die Hochwasser in Simbach oder Fischerdorf denke und das Elend der Menschen, das wir dabei miterleben mussten. Aber auch die Kameradschaft, die durch solche Erlebnisse noch mehr gestärkt wird“, erzählt der 75-Jährige im Interview mit der BRK-Pressestelle.

„Gerade im Bereich der Notfallmedizin muss man immer am Ball bleiben, weil sich hier ja oft etwas ändert. “ Bergwachtler Manfred Falkner

Für seinen unermüdlichen Einsatz und seine Verdienste hat Manfred Falkner 2017 die Goldene Leistungsauszeichnung durch Innenminister Joachim Herrmann in der Münchner Staatskanzlei erhalten. „Das ist tatsächlich meine wertvollste Auszeichnung und ich bin stolz darauf, denn die erhält schließlich nicht jeder“, sagt der gelernte Bundesbahnbeamte im Ruhestand.

Heute ist der 75-jährige Ehrenregionalleiter und immer noch als Ausbilder im Bereich Notfallmedizin in der Region Bayerwald aktiv. „Hier muss man immer am Ball bleiben, weil sich ja gerade im medizinischen Bereich stets viel ändert“, erklärt er.

Seinen Notfallrucksack habe er grundsätzlich immer dabei – und ihn auch schon das ein oder andere Mal außerhalb eines Bergwacht-Einsatzes benötigt, weil die Menschen in seiner Umgebung eben auch wüssten, an wen sie sich im Notfall wenden können.

Neben seinem Einsatz für die Bergwacht ist Manfred Falkner auch noch als 2. Bürgermeister für seine Heimatgemeinde Untergriesbach tätig. Langeweile oder Untätigkeit kennt er schlichtweg nicht. Und seine vier Enkelkinder halten ihn zusätzlich jung und aktiv.

Fragt man den 75-Jährigen, was er sich für die Zukunft der Bergwacht Bayern wünscht, fällt die Antwort sehr präzise aus: „Mehr Geld. Denn die finanziellen Herausforderungen werden immer höher, da sich auch die Einsatzstrukturen und Einsatzmittel ständig ändern oder erweitern. Natürlich erhalten wir Geld vom Staat, aber das reicht einfach nicht, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben.“

Alle Anwärter müssten beispielsweise die komplette Ausrüstung – von der Kleidung bis hin zu den Skiern – zum großen Teil aus der eigenen Tasche bezahlen. Das könnten sich viele Interessierte schlichtweg nicht leisten.

Trotz aller Herausforderungen bleibt die Bergwacht für ihn das schönste Ehrenamt der Welt: „Die Bergwacht ist ein sehr großer und wichtiger Teil meines Lebens und wird es immer bleiben. Es gibt doch nichts Schöneres und Sinnvolleres, als Menschen in Not zu helfen.“