Von Frank Betthausen
75 Jahre BRK-Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz! Was bedeutet dieses Jubiläum für Dich?
Mario Drexler: Da fallen mir spontan einige Stichworte ein. Beständigkeit! Wachstum! Regionalität! Und ganz besonders auch: Kollegialität! Wenn ich mir überlege, dass ich rund um den Jahreswechsel 40 geworden bin und es uns schon seit 75 Jahren gibt, ist das schon eine sehr, sehr lange Zeitspanne, in der wir die Menschen in Ostbayern als Rotes Kreuz begleiten.
Was zeichnet das BRK als Arbeitgeber aus?
Mario Drexler: Wir sind sehr krisensicher. Das haben wir an vielen Stellen in der Vergangenheit unter Beweis gestellt. Darüber hinaus ist die Komponente Mensch eine sehr wichtige beim Roten Kreuz. Wenn nicht die Wichtigste! Das ist ein Punkt, der mir persönlich besonders am Herzen liegt. Ohne unsere Mitarbeiter wären wir nicht der Sozialverband, der wir sind.
„Es war eine herausfordernde Zeit mit ihm, weil er immer erst um 11 Uhr mit der Arbeit begonnen hat, dafür aber ein Nachtarbeiter war."
Bezirksgeschäftsführer Mario Drexler über seinen Vorgänger Günther Hettenkofer
Das Arbeitsumfeld hat sich in den vergangenen Jahren extrem verändert. Und das längst nicht nur durch die Pandemie… Wo siehst Du aktuell die größten Herausforderungen?
Mario Drexler: Da wir sehr, sehr pflegelastig sind, ist die größte Herausforderung für den Bezirksverband, diesen Aufgabenbereich sicher in die Zukunft zu führen. Die Gesellschaft ist im Wandel – auch und gerade, was die Altersstruktur angeht. Wenn wir es nicht schaffen, eine aktive Arbeitgebermarke zu sein und in der Personalentwicklung Schritt zu halten, werden wir nicht oben schwimmen, sondern nur mitschwimmen.
Wo hat das BRK in Deinen Augen Luft nach oben?
Mario Drexler: Vor allem bei der Schnelligkeit! Konkret: beim Tempo, mit dem wir Entscheidungen treffen. Wir reden gerne vom BRK als Platzhirsch! Dabei belebt ein gesunder Wettbewerb das Geschäft. Er darf sein und sollte für uns immer ein Ansporn sein, noch besser zu werden und an unseren Strukturen zu arbeiten. Manchmal – das ist keine Anklage, sondern nur eine Feststellung und mein persönliches Empfinden – ruhen wir uns zu sehr auf Marktanteilen aus und sind zu schwerfällig.
Das Jubiläum „75 Jahre Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz“ ist 2022 eher im Stillen über die Bühne gegangen. Inwieweit gab es Überlegungen für einen offiziellen Festakt?
Mario Drexler: Vor der Pandemie gab es tatsächlich Pläne dafür. Dann hat uns Corona massiv ausgebremst. Wir fanden es in Zeiten von Maskenpflicht, Versammlungs-Beschränkungen und Vorschriften unpassend, hier im großen Stil einzuladen. Das wäre kein gutes Zeichen in der Öffentlichkeit gewesen. Wichtig ist unter dem Strich die starke Botschaft, dass es uns seit einem Dreivierteljahrhundert gibt! Und am Ende geht es gar nicht unbedingt um riesige Festakte. Wichtig waren uns vergangenes Jahr die Feste und Zusammenkünfte mit unseren Mitarbeitern – die Grillabende mit Lucki Maurer –, bei denen es um die Menschen ging, die das Rote Kreuz tragen und ausmachen: unsere Beschäftigten!
Du hast 2005 als Praktikant von Günther Hettenkofer, Deinem Vorgänger als Bezirksgeschäftsführer, Deine ersten Berührungspunkte mit dem BRK gehabt. 2009 – nach dem Studium – bist Du fest zum Bezirksverband zurückgekehrt. Was waren seitdem die schönsten Erlebnisse und was war die härteste Zeit?
Mario Drexler: Die härteste Zeit, aber gleichzeitig auch die schönste Phase war – um es so zu formulieren – das „Knechten“ unter Günther Hettenkofer. Er hat mich dorthin entwickelt, wo ich heute bin. Das ist maßgeblich sein Verdienst als Mensch und Mentor! Ohne ihn hätte Mario Drexler das BRK vielleicht längst wieder verlassen. Es war eine herausfordernde Zeit mit ihm, weil er (lacht) immer erst um 11 Uhr mit der Arbeit begonnen hat, dafür aber ein Nachtarbeiter war.
„Wann Du heimgehst, entscheide nur ich“, hat er immer gesagt (lacht nochmals). Aber: Ich habe wahnsinnig viel mitgenommen damals für meine Rolle als Bezirksgeschäftsführer. Und es macht mir immer noch Spaß! Mit zu den schönsten Erlebnissen gehört ansonsten der Neubau unseres Seniorenheims in Wilting. Das war ein wahnsinnig anstrengendes Projekt, allerdings auch eines, bei dem du spüren konntest, was möglich ist, und bei dem du das tägliche Wachsen und Werden miterleben konntest. Eine krasse Phase waren die Anfänge der Pandemie, als keiner wusste, was kommt. Als die Frage nach dem Warum und dem Wie kaum zu beantworten war und wir uns mit oft nicht nachvollziehbaren, täglich wechselnden Entscheidungen der großen Politik konfrontiert gesehen haben.
"Manchmal habe ich das Gefühl, dass es – Stichwort Energiekrise! – immer erst wehtun muss, bevor sich etwas ändert und Entscheidungsträger ins Nachdenken kommen."
Bezirksgeschäftsführer Mario Drexler
Apropos! Was ist Deine drängendste Forderung an die Politik?
Mario Drexler: Wenn wir uns nicht von Pflegeschlüsseln und Personalquoten wegbewegen, werden wir die Altenpflege ungebremst an die Wand fahren. Der Gedanke muss dringend ein anderer werden! Der Beruf ist hochattraktiv, aber die allgemeinen Hürden und Hindernisse sind einfach oft zu hoch. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es – Stichwort Energiekrise! – immer erst wehtun muss, bevor sich etwas ändert und Entscheidungsträger ins Nachdenken kommen. Pflege muss Zukunft haben! Nur: Die Fülle an Menschen, die durch den demografischen Wandel zu uns in die Einrichtungen kommt, werden wir irgendwann nicht mehr bewältigen können. Da wird sich in meinen Augen – diesen Trend sehe ich, wenn sich politisch nichts verändert – viel auf die häusliche Pflege über Familienangehörige verlagern; eine Art „back to the roots“.
Was möchtest Du Deinen Mitarbeitern zum 75-jährigen Bestehen des Bezirksverbands mit auf den Weg geben?
Mario Drexler: Ohne irgendwelche Floskeln zu bemühen? Möchte ich einfach allen Beschäftigten aufrichtig „Danke!“ sagen. Nach der harten Corona-Zeit möchte und muss ich das in besonderer Weise natürlich auf den Rettungsdienst und die Mitarbeiter beziehen, die in den vergangenen drei Jahren draußen in den Heimen die Pandemie mitgemacht haben und bei der Stange geblieben sind. Was diese Kollegen geleistet haben und leisten, ist außergewöhnlich. Ich kann sie – aber auch all unsere anderen Kollegen – nur darum bitten: Haltet die Fahne weiter hoch fürs BRK!
Zur Person: Mario Drexler